Herren 1: Interview mit Pascal Wüthrich
Pascal Wüthrich ist im Eggiwil aufgewachsen und begann seine Karriere beim UHT Eggiwil. Letzte Saison kehrte er nach diversen Stationen (Tigers, Thun) zu seinem Stammverein zurück. Dies jedoch stark lädiert. Am 3. Oktober 2021 erlitt er im Spiel gegen Waldkirch-St. Gallen eine schwere Hirnerschütterung. Aus dem Wettkampf mit Stock und Ball wurde plötzlich ein Wettkampf mit dem Alltag. Das Spielfeld rückte dabei in weite Ferne. Wie es Päscu letzte Saison ergangen ist und wie es ihm heute geht, erfährst du im Interview.
Hoi Päscu. Danke dass du dir die Zeit nimmst für dieses Interview. Zu Beginn die wichtigste Frage: Wie geht es dir aktuell?
Hallo zusammen. Gerne doch. Mir geht es aktuell gut, danke. Ich muss meine Tage gut planen und benötige bewusste Ruhepausen und viel Schlaf.
Du bist letzte Saison zum UHT Eggiwil zurückgekehrt. Was hat dich zu diesem Wechsel bewogen?
Wir waren seit längerem im Gespräch für einen möglichen Wechsel zurück zum UHT Eggiwil. Durch die Gehirnerschütterung hat sich die Situation dabei stark verändert. Eggi bot mir an, mit der NLB-Mannschaft zu trainieren und liess mir viel Freiheit in meinem Therapieprozess. Der Entscheid zurückzukehren war daher ein Gesamtpaket aus Anfahrtszeit, niedriger Druck/Erwartungen, Kollegschaften und der Möglichkeit auf individuelle Trainings. Zudem bin ich beim UHT gross geworden, daher war es auch eine Herzensangelegenheit. Thun hätte mir die Unterstützung beim Wiederaufbau auch gegeben, aber die längeren Anreisezeiten hätten mich zu viel Energie gekostet, welche ich mir lieber für die Übungen und Trainings sparen wollte.
Wie bereits erwähnt hast du dir eine schwere Hirnerschütterung zugezogen. Was ist passiert?
Die Gehirnerschütterung zog ich mir am 3. Oktober 2021 im Spiel UHC Thun vs. UHC Wasa zu. Es war eine normale Spielsituation. In der Ecke kam es zum Zusammenprall mit einem Spieler von Wasa, welcher mich unglücklich am Kopf erwischte.
Welche Symptome hatest du direkt nach der Aktion?
Als erstes wurde es mir kurz schwarz vor Augen. Anschliessend hatte ich Kopfschmerzen und es war mir schwindlig.
Wie ging es anschliessend weiter?
Da unser verantwortlicher Teamarzt in dieser Zeit abwesend war, ging ich zuerst in den Notfall. Die Verletzung wurde dort als nicht gravierend eingestuft. Drei Tage Arbeitspause und anschliessend die Rückkehr in den Arbeits- und Sportalltag war das Ergebnis. Ich stellte jedoch schnell fest, dass ich Mühe hatte den ganzen Tag zu bewältigen. Als unser Teamarzt wieder da war, ging es schnell. Eine Woche ohne Sport und mit einem 50% Arbeitspensum brachte auch nicht die gewünschte Verbesserung. Nach dieser Woche leitete mich der Teamarzt ans Swiss Concussions Center weiter, wo ich meine Therapie absolvieren konnte.
Wo machte sich die Verletzung im Alltag bemerkbar?
Die Verletzung machte sich in meinem Alltag überall bemerkbar. Um nur einige Sachen zu nennen: Ein normaler Arbeitstag bereitete mir grosse Mühe. Ich litt oft an Müdigkeit, hatte Konzentrationsprobleme, reagierte sensibel auf äussere Reize und hatte jeden Tag Kopfschmerzen. Daher benötigte ich öfters Pausen und am Abend mehr Schlaf.
Wie sah dein Behandlungsplan aus?
Zuerst hatte ich im SCC diverse Untersuchungen. Anhand dessen erhielt ich Therapien und Übungen, welche ich vor Ort in Zürich absolvierte. Für zuhause erhielt ich Übungen und Trainingspläne für Nacken, Gleichgewicht, Augen etc. Zudem hatte ich eine Spezialtherapie. So konnte ich stetig kleine Fortschritte erzielen. Später konnte ich langsam ins Teamtraining einsteigen. Zuerst mit individuellen Übungen auf dem Feld und später mit Übungen, welche ich mit der Mannschaft absolvieren konnte. Immer nur so viel, bis sich die Symptome verstärkten.
Wie hat dir der Sport in dieser schwierigen Zeit geholfen?
Der Sport half mir Fortschritte zu erzielen. Dabei wurde mir aber auch bewusst, was ich wieder alles erlernen musste. Je grösser die Fortschritte im Sport waren, desto besser ging es mir auch im Alltag und bei der Arbeit. Umgekehrt war es genauso. Ausserdem war es wichtig für mich, in der Halle und bei meinen Teamkollegen zu sein. Dies war eine sehr wichtige Abwechslung zu den vielen Stunden, die ich zuhause in die Übungen investieren musste.
Wie sah für dich ein typisches Training aus?
Für mich gab es kein typisches Training. Jedes Training war immer anders aufgebaut. Kam ich an meine Grenzen, musste ich aufhören. Nahm ich am Teamtraining teil, musste ich mein System gut vorbereiten sprich Aktivierungsübungen für Körper und Kopf und besonders für die Augen.
Wo gab es Abweichungen gegenüber den anderen Spielern?
Abweichungen gab es beim Raumgefühl (wo stehe ich auf dem Platz), bei der Abschätzung der Distanz- und Geschwindigkeit und bei der Koordination. Zu Beginn konnte ich den Kopf nur wenige Male drehen, ehe mir schwindlig wurde. Bei schnellem Spiel oder viele Leute auf kleinem Raum, kam es schnell zu einer Reizüberflutung.
Wie hat dich der Verein und das Team bei dem Heilungsprozess unterstützt?
Der Verein und die Mannschaft haben mich sehr stark unterstützt. Ich war im Training sehr individuell und flexibel unterwegs. Ohne Druck und Erwartungen die Trainings und Therapien zu absolvieren war genau das, was ich in dieser Zeit benötigte. Es gab auch keine Vereinbarungen bezüglich Lizenzierung. Jedoch wurde klar signalisiert, dass bei entsprechendem Wohlbefinden und Fortschritt einem Meisterschaftseinsatz nichts im Wege steht. Auch die Teamkollegen unterstützten mich rund um die Uhr, auf und neben dem Feld. So kämpfte ich mich Tag für Tag zurück. Ich bin dem Verein und meinem Team sehr dankbar für diese Unterstützung.
Dein erstes Aufgebot für ein Meisterschaftsspiel folgte im November. Kannst du dich an dieses Spiel erinnern? Wie lief es?
Ja daran erinnere ich mich sehr gut. Es war ein Heimspiel gegen Langenthal, welches wir schlussendlich gewinnen konnten. Ich habe dieses Spiel persönlich in sehr guter Erinnerung. Auch hatte ich eine riesige Vorfreude, endlich wieder einen Ernstkampf bestreiten zu können. Ich konnte in diesem Spiel feststellen, dass ich den Sprung aufs NLB-Niveau wieder schaffen kann. Es war auch eine gewisse Bestätigung und ein Lohn für die investierte Arbeit. Selbstverständlich war aber jederzeit klar, dass noch viel Arbeit vor mir steht. Aber für mich war es ein grosser, wichtiger und sehr schöner Schritt.
Anschliessend spieltest du immer öfters und länger. Wie ging es dir?
Ich konnte mich Schritt für Schritt weiterentwickeln, verbessern und mit gewissen Einschränkungen immer länger spielen. Vor einem Spieltag war es wichtig, dass ich genügend Schlaf und Erholung hatte. Auch nahm ich keine anderweitigen Termine wahr. Am Spieltag galten für mich nur die Minuten auf dem Spielfeld. Auf der Bank trug ich Pfropfen, damit ich den Lärmpegel reduzieren konnte. So hielt mein Energielevel länger.
In den Playouts warst du ein wichtiger Eckpfeiler in der Defens und massgeblich am Ligaerhalt beteiligt. Verspürtest du Druck? Wie ging es dir in dieser Zeit und wie sah dein Alltag aus?
Ich verspürte nur den Druck, welchen man in den Playouts nun mal hat. Die Freude wieder mit den Kollegen auf dem Feld zu stehen und alles für das Team zu geben, überwog deutlich. In dieser Zeit gab es für mich nur die Arbeit, ein Teamtraining pro Woche und am Wochenende das Spiel. Um dies Programm meistern zu können, benötigte ich unheimlich viel Schlaf und Regeneration. Diesen Aufwand nahm ich aber gerne auf mich. Die Wichtigkeit dieser Spiele war mir stets bewusst. Mit meinem Einsatz konnte ich der Mannschaft und dem Verein etwas zurückgeben.
Hast du Spiele gespielt, welche du aus heutiger Sicht nicht mehr spielen würdest?
Im Nachhinein würde ich nicht mehr zwei solch intensive Spiele in so kurzer Zeit spielen, wie ich sie bei der Doppelrunde in den Playouts gespielt habe. Für meinen damaligen Zustand war dies klar zu viel. Ich war mir damals aber stets bewusst, welche Konsequenzen ich nach den Spielen mit mir tragen werde. Nach den zwei Spielen hatte ich über 4.5 Tagen mehr/stärkere Symptome und mehr Mühe im Alltag. Der Einsatz hat sich aber schlussendlich ausbezahlt: Wir konnten den Ligaerhalt sicherstellen und ich persönlich hatte nach der Serie keinen Rückfall oder grössere Beschwerden.
Diese Saison hattest du noch keinen Einsatz für das UHT Eggiwil. Warum?
Ich habe mir einen Traum erfüllt: Ich lebe und arbeite seit September für ca. ein Jahr in Kanada.
Hast du schon Pläne nach deiner Rückkehr?
Konkrete Pläne nach meiner Rückkehr habe ich nicht. Wenn es mein Gesundheitszustand zulässt, kann ich mir gut vorstellen, eine weitere Saison im Eggi Trikot zu spielen. Ich lasse aber alles auf mich zukommen und werde mich zu gegebener Zeit entscheiden.
Der Schluss vom Interview gehört dir…
Ich möchte mich bei allen Personen, welche mich seit der Gehirnerschütterung unterstützt haben und mir stets grosses Verständnis entgegengebracht haben, herzlich bedanken. Besonders bei meiner Familie, Freundin, meinen Teamkollegen und dem UHT Eggiwil. Für mich ist diese Unterstützung nicht selbstverständlich und ich schätze das sehr.
Dem Team drücke ich aus der Ferne die Daumen und wünsche eine erfolgreiche Rückrunde.
Sportliche Grüsse aus Kanada und bis bald in der BOE
Päscu